
Presseartikel


Bericht NWZ 22.05.2020
Diskretion gehört zum Detektiv-Geschäft
Von Susanne Gloger 22.05.2020 Nordwest Zeitung
Krimifans mögen Detektivgeschichten. Aber mögen Detektive auch Krimis? Zum weltweiten Sherlock-Holmes-Tag am 22. Mai haben wir uns mit einem echten Detektiv aus Oldenburg unterhalten.
OLDENBURG Der Sherlock Holmes von heute heißt Detlef Otten, ist 51 Jahre alt und verheirateter Familienvater. Sein Gesicht will der Detektiv hier nicht zeigen. Unerkannt bleiben sei wichtig in seinem Beruf, betont er. Auffälligkeiten, wie sie etwa dem berühmten Sherlock Holmes zugeschustert werden, kann er sich nicht leisten. Überhaupt unterscheidet sich der Alltag eines realen Detektivs immens von dem des Detektivs in Literatur, Film und Fernsehen.
Wie, das will Detlef Otten gern beschreiben. Auch mit einigen Klischees, die einem spontan in den Kopf kommen, wenn man an einen Privatschnüffler denkt, räumt er auf (siehe Ende des Artikels).
Anlass dafür ist der internationale Sherlock-Holmes-Tag. Den 22. Mai haben sicher viele Krimi-Fans im Kalender notiert. Denn dann feiert Arthur Conan-Doyle (1859-1930), Erfinder des Kultdetektivs, Geburtstag. Doch das hätte Detlef Otten gar nicht gewusst. Denn er liest weder Krimis noch guckt er sie im Fernsehen. „Lieber Action-Filme“, sagt er. So rasant wie im Film ist die Realität eines Detektivs mit Büro in Oldenburg nicht. Aber interessant. Wenn man auch zufällige Naturbeobachtungen bei stundenlangen Observationen vom Auto aus denn interessant findet. Otten hat aber sogar dafür einen Blick.
Privatdetektei und Wirtschaftsdetektei sind seine Arbeitsbereiche. Die klassischen Fälle? „Ehebetrug und Lohnfortzahlungsbetrug.“ Vor 13 Jahren hat er sich selbstständig gemacht. Bis 2006 war er in einer Bundesbehörde angestellt, die privatisiert wurde. Seine Aufgaben: „Ermittlungsdienst und Sicherheit“. Als er nicht mehr zufrieden war, hörte er dort auf und legte als Detektiv los. Eine Ausbildung braucht man dafür nicht. „Jeder kann ein Gewerbe anmelden, um Dienstleistungen als Detektiv anzubieten“, sagt Otten. Doch ohne Vorkenntnisse, Erfahrung, Geduld und ein gutes Netzwerk werde man sich nicht lange am Markt halten können. Es sei auch ratsam, sich fortzubilden. Die Zentralstelle für die Ausbildung im Detektivgewerbe (ZAD) in Berlin biete Lehrgänge an. In der Branche gebe es aber auch immer wieder Seminare unter Anleitung von Profis zu Spezialthemen. Er habe welche zur Kriminaltechnik und zur Ermittlertätigkeit absolviert.
„Ein Detektiv hat nicht die Befugnisse wie die Polizei, sondern nur die eines ganz normalen Bürgers.“ Eine Waffe dürfe er nicht tragen. Otten erklärt: „Und der Detektiv muss so arbeiten, dass sein Kunde mit den Ergebnissen auch was anfangen kann. Das heißt, sie müssen gerichtsverwertbar sein.“
Das betrifft das Beispiel Lohnfortzahlungsbetrug in all seinen Varianten. „Für eine Überprüfung muss zunächst einmal ein konkreter Verdacht vorliegen“, betont Otten. Bevor er mit seiner Arbeit loslegt, die darin besteht, Beweise heranzuschaffen, lässt er sich vom Rechtsanwalt des Kunden beurkunden, was er rechtlich überhaupt machen darf. Das klingt nicht so spannend.
„Kann es aber werden“, sagt Otten. Ein solcher Fall habe ihn mal auf eine Kanarische Insel geführt. Da musste er sich in einem Hotel unter die anderen Urlauber mischen.
Der Klassiker „Ehebetrug“, der ja keine Straftat ist, stellt andere Anforderungen. Da muss der Detektiv dem Kunden, der sich betrogen fühlt, manchmal auch psychologisch beistehen und ihm sagen, was geht und was nicht. „Diese Menschen wollen einfach die Gewissheit haben. Es ist ein sensibler Bereich.“
Mehr verrät der Privatermittler nicht. Denn auch Diskretion gehört zum Geschäft.
Der Detektiv als Einzelgänger
So stellt man sich einen Detektiv vor. Fehlanzeige: „Ich kann gut im Team arbeiten und bin mit Kollegen vernetzt“, sagt Detlef Otten. In vielen Fällen sei das sowieso sinnvoll. Zum Beispiel, wenn eine andere Region im norddeutschen Raum oder noch weiter entfernt in den Fokus rücke. „Dann hilft man sich gegenseitig.“
Das Markenzeichen des Detektivs
Bei Agatha Christies Hercules Poirot (Bild) ist es das Bärtchen, bei Philip Marlow (von Raymond Chandler) der Trenchcoat, bei Sherlock Holmes der Jagdhut und bei Detlef Otten? „Wäre alles viel zu auffällig“, schüttelt er den Kopf. Er ziehe sich eher sportlich leger an, trage auch mal ein Sakko. „Ich bin nicht tätowiert und trage auch keinen Ohrring mehr.“
Der Detektiv als Raucher
Einen von Zigarettenkippen überquellenden Aschenbecher oder zumindest ein dampfendes Pfeifchen erwartet man ja wohl bei einem Privatschnüffler. Wieder Fehlanzeige: „Abends gönne ich mir mal ein Zigarillo. Wenn kein Kunde mehr zu erwarten ist“, sagt Otten. „Pfeife schmeckt mir nicht. Aber ich kenne einen Kollegen mit einem Pfeifensortiment.“
Die Geheimnisvolle beim Detektiv
Eine Blondine im roten Kleid betritt das Detektivbüro und bittet mit rauchiger Stimme: „Ich brauche Ihre Hilfe.“ Das ist eindeutig ein Philip-Marlow-Klischee. Aber eine geheimnisvolle Fremde ist doch bestimmt auch schon in Ottens Büro aufgetaucht? „Die Kontaktaufnahme läuft per Telefon, selten per Mail. Ins Büro kommt fast keiner“, erklärt der reale Detektiv.
Die Ausrüstung des Detektivs
Lupe, Kamera und Dietrich hat der Detektiv doch immer dabei. Oder? Detlef Otten zählt auf: „Eine Lupe hatte ich früher mal im Schreibtisch, jetzt nicht mehr. Zwei Kameras mit verschiedenen Objektiven sind immer dabei. Aber kein Dietrich. Denn wir dürfen nirgends einsteigen oder einfach ein Grundstück betreten, um dort etwas zu durchsuchen.“
Die Flasche im Detektivauto
Im Kriminalfilm greift der Detektiv immer dann zur leeren Flasche, die er stets im Auto liegen hat, wenn er den Beobachtungsposten dort nicht verlassen darf, ihm aber die Blase drückt. „Nö, habe ich nicht dabei“, sagt Otten. Er könne auch solchen Druck ohnehin lange aushalten, fügt er grinsend hinzu. „Nur einmal, bei 14 Stunden im Auto war es heftig. Dann musste ich eben kurz raus.“
Der Treffpunkt zwischen Detektiv und Kunde
Die Tiefgarage ist – im Film – eine der ersten Adressen für die Kontaktaufnahme mit dem Detektiv, ob es nun der Kunde oder ein Informant ist. Nicht so bei Otten: „Üblicherweise treffen wir uns auf neutralem Boden. Gern im Café. Mich hat auch schon mal jemand in ein Wäldchen bestellt.“ Seien Firmen seine Auftraggeber, lade man ihn meistens zum Firmensitz.
Konkurrenz unter Detektiven
Die Polizei und der Schnüffler halten nicht besonders viel voneinander, oder? „Ich habe nie Probleme mit der Polizei“, sagt Detlef Otten. „Ich kontaktiere die Polizei sogar, wenn ich bei meiner Arbeit etwas festgestellt habe, was mir komisch vorkommt.“ Kollegen, die im Sicherheitsdienst als Ladendetektive arbeiten, bekämen es zwangsläufig öfter mit der Polizei zu tun.